Ein intelligentes System mit weniger Mechanik
January 28, 2019
• Markus Kobel, Alex van Nieuwenhuysen und Christoph Hofer (v. l. n. r.) von der Firma Laundry Robotics mit der Weltneuheit Robin.
Die Firma BIKO Engineering AG wartete an der EXPOdetergo mit einer Überraschung auf: Eine neue Firma mit einem neuen Produkt – dem ersten industriellen Wäscherei-Roboter Robin. Geschäftsführer Markus Kobel spricht im Interview über die neue innovative Technologie.
«Wir haben ein System, das basierend auf Beispielen lernt.»
Markus Kobel, Geschäftsführer
Markus Kobel, was kann Ihr Roboter robin?
robin ist ein industrieller Roboter und soll im Wesentlichen arbeiten wie der Mensch. robin kann Frotteetücher in eine Faltmaschine geben. Man hat das am Vorbild des Menschen abgeschaut und versucht, dies in ein System umzuwandeln. Wer steht hinter Laundry Robotics? Das ist eine Zusammenarbeit mit unserem Vertreter in Holland. Dies sind zwei Leute aus der Firma Landuwasco, die schon seit über 30 Jahren in der Wäschereibranche sind. Alex van Nieuwenhuysen hatte vor Jahren die Idee, mit «Vision» den Wäschereiprozess zu automatisieren. Er hat dies mit verschiedenen Wäschereikunden diskutiert. Blycolin waren davon begeistert, weil sie für die Wäschereibranche einen grossen Nutzen gesehen haben. Sie sind dann bezüglich des Maschinenbaus auf uns zugekommen, weil wir als Entwicklungsfirma schon lange Systeme herstellen. So sind wir vor zirka eineinhalb Jahren als drei Parteien zusammen an den Tisch gesessen, haben diskutiert und rasch gemerkt, dass die einfachste Lösung eine neue Firma ist, in der wir diese intelligenten Systeme kapseln wollen. So ist Laundry Robotics entstanden.
Sie haben ein «Vision-System» angesprochen. Was ist das genau?
Die ursprüngliche Idee von Alex kam von den selbstfahrenden Autos. Wenn diese mit Kameras funktionieren und Signale, Fussgänger und Velofahrer erkennen können, sollte es doch möglich sein, mit einem solchen System auch in der Wäscherei entsprechende Gegenstände zu erkennen. Wir haben uns in erster Linie auf Frotteewäsche fokussiert und uns gefragt, ob mit einem System automatisch Ecken, Kanten oder Flächen erkannt werden können. Das «Vision-System» ist eigentlich nichts anderes als ein Kamerasystem mit einer entsprechenden Software dahinter, das wie das menschliche System funktionieren soll. Man schaut etwas an und entscheidet, was es ist.
Ist das dasselbe wie künstliche Intelligenz?
Definitiv beinhaltet die Software künstliche Intelligenz nach den heutigen Definitionen. Wir haben ein System, das basierend auf Beispielen lernt. Die Software ist aufgebaut als Neuronen-Netzwerk. Es ist dem menschlichen Gehirn nachempfunden. Das System ist lernfähig, man füttert ihm Beispiele. Man kann ihm beispielsweise lehren, was eine Ecke oder eine Kante ist. Es passt sich entsprechend an, reagiert auf neuen Input und liefert entsprechenden Output.
Wie lange hat die Entwicklung und Produktion von Robin gedauert?
Den Grundstein für diese Entwicklung haben wir genau vor einem Jahr gelegt. Die Produktion haben wir erst vor drei Monaten begonnen.
Wie unterscheidet sich robin von anderen «Pickern»?
Dadurch, dass wir ein intelligentes System einsetzen können, benötigen wir weniger Mechanik. Der grosse Unterschied ist sicher das lernfähige System. Es ist nicht ein rein mechanisches System, es ist eine Interaktion zwischen einem denkenden System und der entsprechenden Mechanik. Dadurch ist die Maschine sehr einfach geworden. Es ist überschaubar, man sieht, was passiert und kann es nachvollziehen, weil eben die Anlage mehr oder weniger so funktioniert, wie ein Mensch auch funktionieren würde.
Noch eine Frage, die häufig gestellt wird, wenn man von künstlicher Intelligenz oder Robotern spricht: Wo bleibt dabei der Mensch? Es wird eine Arbeitskraft ersetzt, dies hat auch gesellschaftsethische Aspekte.
Es ist weniger an uns als Maschinenbauer, ethische Fragen zu beantworten. Das ist ein gesellschaftliches Thema, das angeschaut werden muss. Ich kann es als Hersteller solcher Anlagen so beantworten: Wenn die Gesellschaft solche Anlagen nicht möchte und sie die Industrie nicht verlangen würde, dann könnten auch keine verkauft werden. Wir erhalten im Moment speziell aus unserer Region – wir können hier einen grossen Teil des europäischen Marktes nehmen – das Feedback, dass es schwierig sei, überhaupt noch Leute zu finden, die diese Aufgaben wahrnehmen wollen. In der Schweiz hören wir oft, dass jemand lieber nichts machen würde, als den ganzen Tag Tücher in eine Maschine zu füttern. Dann stellt sich die Frage, ob man diese Produktion noch machen will. Wenn man die Leute für diese Arbeiten nicht mehr hat, stellt sich die Frage nach dem ethischen Grundsatz nicht mehr.
robin hat auch einen Bruder, roger. Was kann roger?
Wenn man ein System hat, das funktioniert, geht es natürlich relativ schnell weiter. Auch ein solches System wird nicht überwachungsfrei funktionieren. Wir gehen davon aus, dass ein Roboter in Grossproduktionen gebraucht wird. Dort läuft im Normalfall nicht nur eine Frotteefaltmaschine, sondern bis zu zehn. roger ist so geplant, dass es ein System wird, das mehrere Faltmaschinen beliefern wird. An der Messe arbeitet robin mit der Faltmaschine Lena zusammen. Was kann Lena? Lena basiert auf unserer Maschine Maria. Wir bauen Maria seit fast 30 Jahren und aus dem Markt kam ein grosser Preisdruck. Anders als in anderen Branchen sind die Preise im Maschinenbau eingebrochen.Somit sind wir auch unter Druck, unsere Maschinen kostengünstig produzieren zu können. Wir haben uns gefragt, ob wir eine Maschine bauen können die mindestens die gleiche Qualität liefert wie Maria, aber günstiger hergestellt werden kann.
Es sollte keine Billigmaschine sein, einfach günstiger in der Herstellung. Wir haben bei allen Einzelteilen von Maria geschaut, was man mit der heutigen Technologie anders lösen könnte und die gesamte Maschine überarbeitet. Das Resultat war Lena. Es war nicht zuletzt auch aus Marketinggründen nicht möglich, die Maschine unter dem gleichen Namen weiterzuvertreiben. Lena ist eine Maschine, die zu einem vernünftigen Preis eine sehr gute Qualität liefert. Die Faltart haben wir nicht geändert, sie ist noch dieselbe wie bei Maria. Wir haben mechanische Schieber für einen Längsfalt. Die Maschine sollte sehr weit verbreitet eingesetzt werden können. Wir haben die Dinge, die nur von ein oder zwei Prozent der Kunden genutzt wurden, herausgenommen und eine zuverlässige und einfache Frotteefaltmaschine gebaut. Produktionsstandort ist immer noch die Schweiz, wie bei all unseren Maschinen.
Ist die Wäscherei-Branche aus Ihrer Sicht eine innovative Branche?
Mit Laundry Robotics haben wir einen innovativen Teil. Ganz allgemein habe ich aber nicht mehr das Gefühl. Mit Blick auf die Wäschereibranche ist etwa der Waschbereich schon sehr alt. Der Finishbereich ist erst 40 Jahre alt. Somit ist das automatische Eingeben und Falten noch nicht alt. Bis vor ungefähr zehn Jahren ist sehr viel entwickelt worden. Aus meiner Sicht haben diese Entwicklungen dann stagniert. Man sieht in der Wäscherei, dass Maschinen mit denselben Maschinentypen ersetzt werden. Ich denke nicht, dass man noch von einem innovativen Markt sprechen kann. Mit Laundry Robotics soll wieder ein Schritt gemacht werden und mit den heute verfügbaren Technologien von künstlicher Intelligenz, Vision usw. Bewegung in den Markt gebracht werden.
Welches sind die nächsten Projekte, die bei BIKO anstehen?
Wir haben mit der Präsentation von robin schon viele Anfragen erhalten. Wir müssen uns etwas zurückhalten und uns nicht auf alles stürzen, dass angefragt wird. Wir möchten vorerst robin in den Wäschereien etablieren. Danach schauen wir weiter. Wir sind bekannt als Entwicklungsfirma und haben im Moment diverse Sonderaufträge anderer Hersteller sowie auch allgemein Aufträge im Bereich Forschung und Entwicklung. Im Moment entwickeln wir zum Beispiel gerade eine Maschine zum Falten von Papier.
Vielen Dank für das Gespräch!